Ein Denkmal für mich
Man sollte nicht immerfort solchen Dingen nachstudieren, aber zwischendurch kann so was die Bedeutung des Menschen im Allgemeinen und meiner Wenigkeit im Speziellen schon mal wieder ins rechte Licht rücken. Da kann ich also nicht im Ansatz nachvollziehen, dass das Universum einfach nirgends aufhört oder wie ich mir einen Beginn oder ein Ende der Zeit vorzustellen habe, geschweige denn, dass der Weltraum „schon immer“ und „für immer“ existiert, oder wenn man sich den Beginn mit einem „Urknall“ vorstellt, was denn vorher war. Oder dass, wenn das alles, inklusive uns, ein Gott geschaffen hat, irgendeine noch höhere, genialere und unverständlichere Instanz diesen kreiert haben muss und so immer weiter.
Nur schon die Vorstellung, dass sich eben erst eine Sonde auf den Weg zur Sonne gemacht hat und was sie dort antrifft bevor sie verglüht, macht mich schwindlig. Ein Feuerball und Fusionsreaktor mit Tausenden Grad Oberflächentemperatur, die Atmosphäre sogar eine Million Grad?! Und dann die Erde, genau im richtigen Abstand um nicht selber zu glühen oder zum Eisball zu erstarren. Wir haben schlicht keine Ahnung ob sich daran morgen schon etwas Entscheidendes ändert und uns dieses Privileg kostet.
So oder so, jetzt gleich oder später mal hören wir auf zu existieren, und weil diese Vorstellung fast unerträglich ist, konstruieren wir Götter, Paradiese und Höllen und versuchen, die Ohnmacht mit Weltmachtfantasien und anderen Ersatzhandlungen zu überspielen. Ganz toll die Vorstellung, wenn ich nur genug hoch aufstiege in der erbärmlichen Hierarchie der Gesellschaft, könnte ich mir als Grabmal Pyramiden oder Denkmäler bauen lassen.
Mein ultimatives Aha-Erlebnis mit diesem Thema hatte ich als junger Mann in Paris. Ich besuchte den „dôme des invalides“, wo Napoleon in einem unsäglich protzigen Sarkophag „ruht“ und die Leute andächtig darum herum pilgern, und genoss plötzlich auf eine ganz neue Art die Tatsache, dass der arme Kerl inmitten dieses Pomps liegt und bestenfalls noch stinkt, während ich vorläufig noch in die Sonne liegen und im Meer schwimmen kann. Ich würde es dem armen Donald gönnen, wenn er auch einmal so grossartig konserviert daliegen kann, während ihn junge und lebendige Leute ehrfürchtig bestaunen und es geniessen, dass sie noch leben.
Seither bin ich einen kleinen Schritt näher am Genuss des Lebens, mit Musik, Freunden, Kinderlachen und ohne gröbere Schmerzen meine Möglichkeiten nutzend, und ohne Bedürfnis nach Macht und Luxus.