Weihnachten
Da sitze ich jetzt am Weihnachtstag in der Buvette im Bahnhof Baden. Raucherlokal. Andermatt habe ich ausgelassen. Nur schon 3 Tage hätten mich glatt 500 Stutz gekostet und die Wettervorhersage war bis und mit 24. schlecht. Ab heute wäre grand beau, skiing pur und nix von djingle bells, ich weiss, aber ich versuche jetzt halt einfach, den Weihnachtsterror mal wieder hier unten zu überstehen.
Der hat schon Ende Oktober mit dem Verkauf von Weihnachtsschmuck im Migros angefangen und sich bis heute tatsächlich noch täglich gesteigert. Gestern musste ich alle 10 Minuten zum Radio seckeln und den Sender wechseln, heute pausenlos nur noch Christmas und Djingles auf SRF1, Top two, Swisspop, überall. Also ab aufs Velo in der Kälte, unter dem grauen Deckel. Vielleicht gibt es ja irgendwo einen Kaffee ohne dass gerade ein Ross entspringt.
Aber ausser Macdonald und Migrolino alles hochheilig verrammelt und erst hier wurde ich fündig. In der Buvette herrscht Normalbetrieb, 365 Tage im Jahr, wie mir die nette Kellnerin versichert. Sie hat mir einen Aschenbecher mitten auf den Tisch gestellt und ich verschob ihn postwendend ans andere Ende. Jedes mal wenn sie vorbeigeht schiebt sie ihn wieder in die Mitte, aber es wirkt, als geschehe das, ohne Einwirkung des Grosshirns, rein vegetativ. Im Lokal fast nur Männer, wo bleibt da die Gleichberechtigung? Die meisten haben ein Bier vor sich, die meisten saugen fast pausenlos an einem Glimmstängel, die meisten plappern ununterbrochen im Smalltalkmodus oder wirken einsam. Ob wohl ein Einziger von ihnen für die Liberalisierung aller Drogen stimmen würde? Sie malträtieren ihren Körper seit Jahrzehnten so, werden dabei alt und schrumplig und verblöden. Und mein Bruder lebte sehr vernünftig und schon beinahe asketisch und wurde gerade mal 67 Jahre alt!
Aber ein kleiner Trost bleibt mir. Morgen ist der Sechsundzwanzigste. Stephanstag. 364 Tage keine Weihnachten mehr, und die Tage werden ganz sachte länger. Da habe ich mir meistens den einen oder anderen Match am Spenglercup angeschaut und damit möchte ich eigentlich nicht aufhören, aber ich weiss nicht, wie lange ich das noch aushalte. SRF verkündet grossmäulig, sie würden in der Mitte von Spielfilmen keine Werbung mehr schalten. Das sind die Werbeblöcke, die mich am wenigsten stören. Ein einzelner Unterbruch nach 45 Minuten, ähnlich wie im Kino, manchmal sogar willkommen. Dafür werden diese nervtötenden Spots flächendeckend über Sportreportagen verteilt. Vor und nach der Einführung, mitten in den Dritteln, zweimal in den Pausen, vor und nach der „Analyse“, sicher über 10 mal während Davos gegen Team Canada muss ich mir diese Volksverblödung zu Gemüte führen oder ausschalten. Der einzige Lichtblick sind die Filmchen der Mobiliar Versicherung. Wenn du hörst „Liebe Mobiliar“....... , weißt du, dass es mal wieder etwas zu lachen gibt, immerhin!